Verkehrsdelikte und Verbrechen

Verkehrsdelikte und Verbrechen

Foto: Archiv BStU

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Verkehrsdelikte und Verbrechen

Der Rentner Arthur Lungershausen vor seinem Haus, fünf Wochen vor dem Unfall 1990

Verkehrsdelikte und Verbrechen

Sächsische Tageszeitung vom 18. Oktober 1990

1945 - 1992

Einer der folgenschwersten Unfälle ereignet sich im Januar 1988 am Bahnhof Forst Zinna, unweit von Jüterbog: Ein Schnellzug mit etwa 400 Reisenden prallt auf einen T4-Panzer der GSSD, der mitten auf dem Gleis steht.
Die Lok und neun Waggons werden aus den Schienen gerissen, die drei ersten Waggons verkeilen sich mit dem Triebwagen. Sechs Menschen werden getötet, dreiundreißig zum Teil schwer verletzt. Die Besatzung des Panzers - ein Fahrschüler und sein Fahrlehrer - konnte sich in Sicherheit bringen.

Erinnerungen von Saskia Paul

„Nur wenige Tage nach der Wiedervereinigung, einem für meinen Opa bewegenden Ereignis, verunglückte er am 16. Oktober 1990 tödlich.

Nach einer Veranstaltung in der Sächsischen Landesbibliothek Dresden wollte er die Straße überqueren und wurde von einem mit überhöhter Geschwindigkeit fahrenden Auto erfasst. Er verstarb noch am Unfallort. Der Fahrer hielt nicht an und fuhr mit hoher Geschwindigkeit einfach weiter.
Die Polizei fand den Unfallfahrer später schlafend in seinem Auto. Es handelte sich um einen stark betrunkenen
(1,79 Promille) ehemaligen Angehörigen der Westgruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Dresden.
In dem Gerichtsurteil wurde der Angeklagte wegen Gefährdung des Straßenverkehrs, fahrlässiger Tötung, unerlaubter Entfernung vom Unfallort zusammentreffend mit fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr für schuldig befunden und zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt.”

Geheime Statistiken

Auch Verkehrsdelikte und Verbrechen prägen das halbe Jahrhundert sowjetischer Besatzung in Ostdeutschland. Die Gewalt hinter den Kasernentoren bleibt den Blicken der DDR-Bürger verborgen. Im Umfeld der Garnisonen werden sie jedoch umso eher Zeugen oder gar Opfer von Straftaten.
Häufig verursachen sowjetische Panzer, Lkw oder Pkw Verkehrsunfälle. Sei es, weil ihre Fahrer nachts ohne Licht unterwegs sind oder unter Alkoholeinfluss stehen.
Die geheimen Statistiken von Polizei und Staatssicherheit verzeichnen über Jahrzehnte hinweg immer wieder dieselben Delikte: Vergewaltigung und Missbrauch zu sexuellen Handlungen, Körperverletzung, fahrlässiger oder gezielter Schusswaffengebrauch, aber auch Diebstähle, Schiebereien und Hehlereien - letztere fast immer unter deutscher Beteiligung und bis zur Kommandeursebene hinauf begangen.
Umgekehrt werden nicht selten sowjetische Offiziere von betrunkenen DDR-Jugendlichen beschimpft oder gar in Schlägereien verwickelt, wenn sie in Zivil unterwegs sind.

Vor desertierten Rotarmisten haben nicht nur die Einwohner von Garnisonsstädten Angst, sondern auch die an der innerdeutschen Grenze postierten DDR-Soldaten. Welche Schikanen auch immer den sowjetischen Soldaten zur Fahnenflucht veranlasst haben mögen - nun muss er um sein Leben fürchten. So mancher verliert dabei die letzten Skrupel.

Strafbare Handlungen von Angehörigen der GSSD fallen in den Zuständigkeitsbereich des Ministeriums des Innern, das den Sachverhalt unmittelbar an den zuständigen sowjetischen Militärstaatsanwalt bzw. die nächstliegende sowjetische Kommandantur weiterleitet. Staatssicherheit und Polizei der DDR arbeiten dieser bei der Sicherung von Beweismitteln zu.
Geheimhaltung ist dabei die Norm, stets auf Kosten der Geschädigten. Und schlimmer noch: Nach Straftaten durch GSSD-Angehörige beginnt die Staatssicherheit mit der Beschattung der Opfer und ihrer Familien, um zu verhindern, dass diese in ihrem Umfeld Negatives über „die Freunde” verbreiten.

Hintergrundfoto: Archiv BStU